Aus Magda wird Aurelia

Früher hieß ich Magda, aber das ist - den Göttern sei Dank - lange vorbei. Das langweilige und öde Dorf, aus dem ich stamme, heißt Ottensten. Nur sieben Häuser, aber neun Buchstaben im Namen - das sagt eigentlich alles über das Kaff. Ich habe drei große schöne und starke Brüder, die sich kaum ähneln, in ihrer Unterschiedlichkeit aber meine besten Freunde waren. Die anderen Kinder in Ottensten dagegen sahen irgendwie alle gleich aus: Knubbelnase, fliehendes Kinn und dumm wie Weizenschrot.

Meine Mutter Thyrra, gebürtig im fernen Perenolde, freundete sich immer schnell mit den fahrenden Händlern und Schaustellern an, die jedes Jahr im Frühling oder Sommer auch in Ottensten Station machten. Die waren immer sehr nett zu uns Kindern und steckten uns Süßigkeiten und Kuchen zu, wenn sie meine Mutter besuchten. Das waren oft Menschen mit olivfarbener Haut und nachtschwarzen Haaren, genau wie meine beiden jüngeren Brüder. Einen Vater hatten wir nicht, aber das machte nichts.

Als ich älter wurde, erfuhr ich, dass es ohne Vater keine Kinder geben könne und so fragte ich meine Mutter, wer denn mein Vater sei. Sie erzählte von dem Mann, der damals die Rolle Karl des Kühnen mit seiner Schaustellertruppe gespielt habe. Besonders sein Schwert hatte sie beeindruckt: "Er hatte das dickste Schwert, das ich je sah", so erzählte sie mir.

In meinem fünfzehnten Sommer entdeckte ich mit Hilfe einiger Bauernjungs, welche Freuden man noch so erleben konnte, außer Kuchen zu essen und bauchwarme Ziegenmilch zu trinken. Ich tat mit drei der Jungen, was erwachsene Frauen tun (bei Nacht, weil sie so hässlich waren) und als ich mit einem vierten in den Wald ging, überraschte mich der damit, dass er mich heiraten wollte.

Einen kurzen Moment lang überlegte ich - Feldarbeit, fünf Bälger in die Welt setzen, Ziegen melken, Wäsche waschen, Zähne verlieren - und entschied mich für die Flucht. Im Dorf begegneten sie mir ohnehin nur noch mit großem Misstrauen, seit ich Brüste und Hüften hatte und warfen mir vor, ich sei wie meine Mutter. Der Abschied von meiner Familie fiel mir nicht leicht. Meine Mutter fand jedoch die Gauklertruppe, der ich mich anschloss, sehr nett und teilte sogar ihr Bett mit den Männern. Und so hatte sie keine Bedenken, mich mit ihnen ziehen zu lassen. Als ich den Gauklern erzählte, ich wolle meinen Vater finden, den Mann mit dem beeindruckend dicken Schwert, lachten sie freundlich und meinten, sie würden mich gern zu Männern mit dicken Schwertern führen.

Und so begann mein neues Leben als Aurelia Aureliana.

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