Auszug aus dem Logbuch der Bunten Kuh

Verfasst von Kapitän Johann Westwind, im Auftrag des Fahlbecker Bundes


Die Bunte Kuh



Börnemünd. Nintag, der Zehnte im Mond der Frix im Jahre 2327 ab Gründung


Habe heute eine Gruppe Passagiere an Bord genommen, die einen Kurierauftrag für Prado Viscont von Felmi ausführen.

Ein zwielichtiger Halbling, eine wortkarge Kriegerin, einen Bogenschützen (einen Elfen, bei Ralik!), und eine Weibsperson mit vermutlich zweifelhafter Moral.

Auch wenn dies unter der Mannschaft zu Gemurre hätte führen können, sind in diesen Zeiten doch alle froh, über ein paar zusätzliche Schwerter und Bögen an Bord.

Nicht dass ich mit Schwierigkeiten rechne. Die See ist ruhig, und die Bunte Kuh ist ein stolzes, wohl gerüstetes Schiff, bei dessen Anblick ein Eetlust-Pirat wohl zweimal nachdenken wird, bevor er eine Dummheit begeht.

Die 16 neuen Kanonen an Bord helfen obendrein nachts ruhig zu schlafen.


Der Laderaum ist voll. Wir fahren Tuch für Fahlbeck, Salzheringe und Tumarin-Wein für Galitt, sowie Zinn, Eisen, Werkzeuge und Gebauchswaren und Getreide für Kolnik. Einzig die 20 Fässer Schießbulver, ebenfalls für Kolnik bereiten mir einige Kopfschmerzen. Hoffentlich besaß der Rat die nötige Weitsicht, in dieser Angelegenheit das Richtige getan zu haben.

Tustag, der 11.2.

Mit der Morgenflut ausgelaufen. Klarer Himmel, gute Sicht, mäßiger Wind von West-Südwest. Ideale Bedingungen.

Raltag, der 12.2.

Keine besonderen Vorkommnisse.

Ostag, der 13. im Mond der Frix
Wir segeln in den Tjoresund ein. Vorsorglich versetze ich die Mannschaft in Alarmbereitschaft, lasse die Kanonen bereit machen, und Bug- und Heckkastell mit Bogenschützen bemannen. Die Passagiere sind eine willkommene Verstärkung. Der Elf mit seinen Adleraugen besetzt das Krähennest.

Doch wie erwartet: Keine Piraten in Sicht. Die werden sich hüten, ein Schiff wie die Bunte Kuh anzugreifen.


Ostag, 14.2.

haben den Tjoresund passiert, und setzen Kurs auf Fahlbeck.
Keine besonderen Vorkommnisse. Spendiere der Mannschaft nach der Anspannung im Sund ein kleines Fass Tumarinwein aus meinen persönlichen Beständen.


Bridtag, 15. im Mond der Frix.

Fahlbeck angelaufen. Ladung wird gelöscht. Die Idioten haben das Getreide für Kolnik über das Maanviek-Tuch für Fahlbeck gepackt. Das kostet uns einen halben Tag. Genehmige den Passagieren und einem Teil der Mannschaft einen halben Tag Landgang.


Wutag, 16. im Mond der Frix.

Auslaufen mit der Nachmittagsflut. Die Schwachköppe in Börnemünd haben uns mehr als nur einen halben Tag gekostet. Musste den Hafenarbeitern in Fahlbeck den doppelten Lohn bezahlen. Laut den Statuten des Bundes der Preis für Arbeit am Wutag.
Habe die beiden, die das Beladen in Börnemünd überwacht haben, zu drei Tagen Nachtwache verdonnert.


17.-22.

Weiterfahrt nach Galitt. Keine besonderen Vorkommnisse.


Wutag, der 23. im Mond der Frix im Jahre 2327 ab Gründung

Sind mit der Nachmittagsflut in Galitt eingelaufen.
Nach einer Woche auf See habe ich beschlossen, diese Nacht im Kontor des Bundes zu schlafen. Das Löschen der Ladung habe ich für morgen früh angesetzt, da ich nicht noch einmal den Wutag-Preis leisten möchte.

Astag, der 24.

Was für eine Unverfrorenheit. In der Nacht ist ein Einbrecher in meine Gemächer hier im Kontor eingedrungen, und hat meine Unterlagen durchwühlt. Das Logbuch, die Frachtpapiere, die Mannschaftsliste. Zum Glück hatte ich die Schiffskasse nicht bei mir.
Das sind die Zustände in einer vom Orden beherrschten Stadt?! Sollten nicht gerade hier Recht und Gesetz herrschen?!!!

Zu allem Überfluss stattete der dreiste Dieb auch noch dem Zimmer meiner Passagiere einen Besuch ab. Sie haben ihn bei seinem schändlichen Treiben zwar ertappt, doch - Tus steh mir bei! - entwischen lassen!

Nachdem Heringe und Wein von Bord sind, verzichte ich auf weitere Ladung, und gebe den Befehl zum Auslaufen mit der nächsten Flut. Nichts wie weg von hier! Das wird ein Nachspiel haben!


Astag, der 24., Nachtrag:
Meine Passagiere verhören Mitglieder meiner Mannschaft. Offenbar machen sie sich Sorgen um ihr Paket für von Felmi. Aber für meine Leute lege ich die Hand ins Feuer.

Ich glaube ja, es ging um die Ladung Schießpulver. Nachschub für Kolnik, aber für wen? Den Fürst von Amaih? Die Ketzer? Das wird denen im Orden so oder so nicht gefallen, so viel steht fest. Hätte mich auf diesen Handel nicht einlassen sollen.


Nintag, der 25.

Mannschaft und Passagiere nervös. Sonst keine Vorkommnisse.

Tustag, der 26.

Oh Rabalga! Der Wind drehte in der Nacht auf Nord-Nordwest. Ich ändere den Kurs auf Südost, da wir sonst zu viel Zeit verlieren . Ich wollte ursprünglich das Haff von Lorke weiträumig umfahren, und direkt Kurs auf Kolnik nehmen, doch der Wind lässt mir kaum eine Wahl.


Tustag, der 26., Nachtrag:
Die Götter sind uns nicht gnädig. Der Wind flaut ab, und kommt immer mehr von Norden. Wir verlieren deutlich an Fahrt.


Tustag, der 26. im Mond der Frix, Nachtrag II:


Alarm! Der Ausguck meldet Segel auf Nordwest. Es scheint sich um ein kleineres Fahrzeug zu handeln. Es kommt näher. Ich befehle einen Kurswechsel drei Grad auf Süd. Das Schiff, eine Karavelle, passt seinen Kurs an.

Die verfolgen uns.

Ein weiterer Kurswechsel auf Süd-Südost bringt uns vor den Wind. Die großen Rahsegel blähen sich wieder, wir nehmen Fahrt auf, der Abstand zu unseren Verfolgern vergrößert sich. Vor dem Wind sind Rahsegel schneller als Lateiner.

Nur wird dieser Kurs uns direkt auf die Felsen von Lorke führen. Bereits kann ich die verfluchten Sandbänke der Nehrung und Inselchen und verwinkelten Kanäle im Haff erkennen. Ich entschließe mich, bei zu drehen, und einen Warnschuss abgeben zu lassen. Immerhin sind wir besser gerüstet, als eine kleine Karavelle.

Wie erwartet hissen die die Fahne der Kaper-Bruderschaft.

Die Mannschaft ist bereit und bewaffnet, die Kanonen bereit. Ich schicke den Elfen mit seinem Langbogen ins Krähennest. Die Möwen mögen auf Manieren und Warnschüsse scheißen. Ich befehle eine gezielte Backbord-Breitseite.

Die Karavelle muss ein paar leichte Treffer einstecken. Sie erwidern das Feuer, doch die Schüsse gehen alle ins Wasser.

Die nächste Ladung trifft die Karavelle mittschiffs, der Hauptmast ist beschädigt, dennoch versuchen diese verfluchten Bastarde, uns auszumanövrieren. Verdammt wendige kleine Scheißschiffe, diese Karavellen. Was macht ein Schiff von der Westküste überhaupt hier im Weißen Meer. Vermutlich ein Kauffahrer aus Pontadoeste, der den Kaperfahrern in die Hände gefallen ist.


Nachtrag III
Das ist eine Falle! Während wir mit der Karavelle beschäftigt waren, hat sich unbemerkt ein weiteres Schiff von Osten entlang der Küste genähert. Oh Ihr Götter! Es ist eine ausgewachsene Galeasse. Diese verfluchten zu groß geratenen Ruderkähne.

Ich hörte von Galeassen mit 150 Männern und bis zu 30 Kanonen.

Dennoch befehle ich eine Steuerbord-Breitseite. Wir werden kämpfen.

Die Karavelle ist schwer beschädigt. Die Galeasse hat ein paar Treffer eingesteckt, da zerstört eine Kugel unser Ruder. Wir sind maövrierunfähig!

Die Karavelle versucht offenbar ein Entermanöver. Ein weiterer Treffer. Eine plötzliche Böe aus Norden erfasst uns frontal, und drückt uns ins Haff. Der Rumpf schleift über die Sandbank, da ertönt ein Knall. Eine gewaltige Explosion an Bord der Karavelle. Die Flutwelle und der Nordwind spülen uns über die Sandbank ins Haff. Der Flachboden der Kuh hält, aber jetzt sind wir ein leichtes Ziel. Ich denke an das Pluver im Bug des Laderaums.

Tatsächlich trifft uns eine weitere Salve der Galeasse am Bug.


Raltag, der 27. im Mond der Frix, im Jahre 2327 (vermutlich)


Bei der folgenden Explosion scheine ich das Bewusstsein verloren zu haben.

Als ich erwache, befinde ich mich mit dem Maat und drei Matrosen in einem baufälligen Schuppen. Mein Bein ist gebrochen, meine Hände gefesselt.

Wir sind gefangen.

Unsere Wärter scheinen ein paar Strandräuber zu sein.

Vermutlich wollen sie Lösegeld für uns. Das ist eine gute Nachricht, denn das heißt, sie werden uns am Leben lassen, und in spätestens zwei Wochen sind wir wieder zuhause in Fahlbeck.


Ostag (möglichwerweise)

Ich habe Fieber.
Sie verpflegen uns gut. Etwas Branntwein wäre noch besser. Doch den lassen sich unsere Entführer selber schmecken. Ihr Gesinge ist entsetzlich!

Bridtag? der 29.?


Ich erwache von Kampfgeschrei. Unglaublich unsere Passagiere haben nicht nur die Explosion überstanden, sondern eigenhändig 14 Strandräuber besiegt, und größtenteils getötet.

Und uns befreit.

Der Rest der Mannschaft ist im Dorf Fleggn gefangen. Offenbar ist der Wirt des Dorfes der Anführer der Strandräuber. Oder sollte ich sagen: war.

Denn im Siegestaumel haben sie ihn nach dem Verhör von der Klippe gestoßen.

Leider ist ihnen ihr Päckchen abhanden gekommen, und ich rate ihnen dringlichst, es wieder zu beschaffen, denn der gute Viscont von Felmi kann sehr ungehalten werden, wenn man seine Sachen verliert.

Derweil habe ich über ein Rätsel ganz anderer Art nachzudenken.

In den letzten Tagen nagte ein Verdacht an mir. Galeassen sind Schiffe des Zwischenmeers. Karavellen sind Schiffe aus Pontadoeste. Ich weiß, die Kaperfahrer der Bruderschaft verwenden gekaperte Schiffe, doch wie sollen sie an ein hochgerüstetes Kriegsschiff wie eine Galeasse aus einem völlig anderen Teil der Welt kommen? Und wie soll ein Haufen Piraten ein solches Schiff steuern? Das Rudern einer Galeasse erfordert viel Geschick und Disziplin.

Die verbliebenen Strandräuber mögen nicht die glaubwürdigsten Augenzeugen unter Tus' strengem Blicke sein, doch alle bestätigen einhellig, dass nach der Explosion keine Anstalten unternommen wurden, die Kuh zu plündern. Und einer unter ihnen, ein junger Bursche, schwört, die Galeasse habe nach dem Gefecht die schwarze Flagge der Kaperfahrer eingeholt, und die Graue des Ordens gehisst.


Wenn dies der Wahrheit entspricht, so ist dies ein Skandal erster Güte. Der Orden ist offiziell Mitglied im Bund von Fahlbeck. Galitt und Tamor, Städte des Bundes befinden sich auf Ordensgebiet.

Ging es um das Schießpulver? Mir kommt der Einbruch in Galitt - ha! - einer Ordensstadt wieder in den Sinn.

Dies wird ein Nachspiel haben. Und es bedeutet, wir müssen hier so schnell wie möglich weg, denn die nächste Ordensburg dürfte keine Tagesreise von hier entfernt sein, und vermutlich befindet sich schon eine Patrouille auf dem Weg hier her.

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