Das verdammte dämliche mistige Artefakt

Wie ihr euch erinnert, begann die ganze Geschichte damit, dass uns ein unwichtiger Verwandter des Prado von Felmi damit beauftragte, ein mittelgroßes, mittelschweres und mittelinteressantes Päckchen nach Kolnik zu bringen. Unter der gewaltigen Brustrüstung der Ritterin Zelaya verborgen, reiste also dieses Päckchen mit uns zu Lande und zu Wasser, bis dreckige Piraten unser Schiff versenkten und uns ausraubten.
Wir suchten nach ihrem Nest, fanden es und lehrten einige der Piraten, was es heißt, wenn man unschuldige Menschen beraubt. Allerdings hatte ihr schäbiger Boss, der Vogt von Blödes-Hinterland-das-keinen-interessiert das Päckchen schon an sich gerissen und war damit geflohen.
Wir verfolgten seine Spur, fanden eine seiner Burgen auf einem Fels mitten im Meer, doch war er mit dem Päckchen bereits weiter geflohen in Richtung Kolnik oder wohin auch immer.
Wir fanden Briefe, die belegten, dass der Hund sich an Jungen vergreift, seine Stellung missbraucht und offenbar an heimlichen Ränken innerhalb des Grauen Ordens beteiligt ist. Aber der Hund war fort.
So zogen wir nach Kolnik, um Prado von Felmi zu sagen, was wir wussten und dass wir leider des Päckchens beraubt worden waren. Wie wir nun erfuhren, enthielt es ein wertvolles Artefakt und Herr von Felmi war sich sicher, dass selbiges nun in den Archiven der Abtei des Grauen Ordens in Tamor lagert.
Er war sehr nett zu uns, bezahlte uns Unterkunft und Verpflegung, schickte uns auf einige seltsame Reisen - und dann kam der Zeitpunkt, zu dem er beschloss, dass wir nun vertrauenswürdig genug seien, um in Tamor dafür zu sorgen, dass das Artefakt wieder in seinen Besitz käme.
Und so reisten wir abermals ins Ungewissen, auf einem Schiff, um seltsame Sachen für seltsame Leute zu erledigen.

Auf du und du mit Pferdescheisse

Als sie hörten, dass wir mit dem Schiff fahren sollten und es sich eher um eine "Heimlich-und-hinterlistig-Aktion" handelte, beschlossen die Herren und Damen Ritter, dass dies unter ihrer Würde sei. Und die Idee mit der Kneipe als Tarnung gab ihnen den Rest.
Tja, Pech, sitzen sie halt in Kolnik fest und lernen Stammbäume auswendig, sticken Pferdedecken oder was auch immer Ritter tun, wenn sie merken, dass keiner sie braucht.

Wir segelten jedenfalls nach Tamor und dabei passte Brindol sehr gut auf die zehn neun acht sieben Bierfässer auf, die uns Prado von Felmi mitgegeben hatte, damit wir unsere Tarnung aufbauen konnten. Kaum waren wir angekommen, nahmen wir jedenfalls die etwas angestaubte leerstehende Ex-Taverne in Augenschein, die uns als Basislager dienen sollte. Wir ließen die Fässer in den Keller bringen und während die anderen irgendwelchen Hobbies nachgingen, brachte ich das halbe Unterdorf in Arbeit - zu putzen und zu kalken, zu schrubben und auszubessern - bis die Taverne halbwegs so aussah, wie sie sollte.
Die Pferdeärztin Bibi von Klumpfuss, die wir auf der Überfahrt kennen gelernt hatten, nahmen wir mit, denn Zimmer hatten wir genug und sie könnte den Leuten zeigen, dass selbst so hochstehende und reinliche Leute wie Ärzte unsere Kammern angemessen finden.
Wir organisierten Würste und eine Suppenköchin und luden ganz Tamor zur Neu-Eröffnung der Taverne "Zum geflickten Pferd" ein. Ich hatte sogar ein Schild gemalt (Pferd mit Flicken)!
Die Leute strömten nur so herein und meine grösste Sorge war, dass das Bier nicht reichen würde oder dass Brindol das Bier ausschenken könnte. Der kleine Zwischenbesuch der städtischen Administrative war nur wenig lästig, sonst lief alles wie geschmiert.

Zumindest, was das "Geflickte Pferd" betraf. Donata, unsere Begleiterin, hatte uns berichtet, dass ihr Kontakt im Orden (ja, genau der - der Einzige, der wusste, wo in der riesigen Ordensburg das mistige Artefakt versteckt ist) nicht am Treffpunkt aufgetaucht sei und etwas sei schief gelaufen und überhaupt. Na toll.

Ich gebe es zu: Die Taverne in Betrieb zu nehmen, dabei Leute herumzukommandieren und ein Fest zu planen mit vielen Menschen, Würsten und Bier, das gefiel mir so sehr, dass ich ganz vergaß, dass es hier eigentlich um dieses blöde Artefakt ging. Und jetzt ging das Gerücht, dass unser Kontaktmann eventuell von der Wache gefangen genommen worden sei.
Jedenfalls schickten wir die Jungs (Brindol, den Zwerg und Gustan, den Halbling) los, um die Stadtwachen am Gefängnis betrunken zu machen.
Ziel der Aktion: Den Gefangenen befragen, ohne dass die Stadtwache das mitkriegt.
Tatsächliches Ergebnis der Aktion: Der Gefangene wurde befreit, obwohl er nur noch wirr redet und offenbar dem Wahnsinn anheim gefallen ist. Statt seiner wurde ein struppiger Hund in der Nachbarzelle eingesperrt. Der komplette Wachraum wurde verwüstet. Die Krüge des "Geflickten Pferds" wurden  zusammen mit den Resten des dort ausgeschenkten Biers auf dem Tisch des Wachraums stehen gelassen. Der Gefangene wurde im Keller des Handelskontors versteckt. Die betrunkenen Wachen wurden am Leben gelassen, in der Hoffnung, dass sie sich vielleicht nicht daran erinnern, dass sie von einem ZWERG und einem HALBLING, die FREMDE IN DER STADT sind, betrunken gemacht wurden.
Wir beschlossen, notfalls beide zu opfern um unsere Flucht zu ermöglichen.
Doch das Wunder geschah: Als nach einer gefühlten Woche der Morgen graute, wachten im Wachraum des Stadtgefängnisses zwei Wächter mit starken Kopfschmerzen und ohne jegliche Erinnerung auf. Sie bekamen mächtig Ärger wegen Trunkenheit im Dienst. Das Verschwinden des Gefangenen und das Erscheinen des Hundes wurde völlig logisch und alltäglich damit erklärt, dass der Gefangene ja nachweislich von einem Dämon besessen sei und da sei so ein Verhalten normal.

Verdammtes Glück gehabt, die beiden Kurzen!

Eine Untersuchung des Gefangenen durch Donata ergab, dass in seinem armen Hirn eigentlich nichts mehr zu retten war, wir uns also selber auf die Suche nach dem Artefakt in der Ordensburg machen mussten. Allerdings erfuhren wir zwei Dinge: Donata kannte den armen Irren und erzählte uns, dass es sich um einen Neffen Prado von Felmis handelte. Das zweite erfuhren wir nach einer nicht ganz ungefährlichen Behandlung mit Schlafmohn (die Pferdeärztin kannte nur die empfohlene Dosis für Lebewesen über 300 Kilo und mit mehr als drei Beinen). Doch der irre Neffe überlebte und stammelte etwas von einem alten Mann mit stechenden Augen, der ihm das angetan hätte und dieser würde in der Burg wohnen.

Ein Besuch unsererseits in der Burg ergab, dass dort 1. kaum mehr einer war, da sich alle irgendwie auf einem Feldzug befanden und 2. die Pferde, die noch da waren, alle Bauchweh hatten und daher nicht einsatzfähig waren. Die adligen Gäule waren gesund und munter ins Feld gezogen und die Arbeitspferde, die die schweren Geschütze ziehen sollten, zeigten ernsthafte Krankheitsanzeichen. Entweder waren die Arbeitspferde superschlau und hinterlistig und machten lieber blau als zwei Tonnen Eisen durch den Matsch zu ziehen oder....Diese Bibi von Klumpfuss jedenfalls packte haufenweise selbige in Gläser und brachte sie in MEINE Taverne, um sie zu untersuchen. Auch nahm sie eine kleine Kiste des speziellen Körnerfutters der Pferde mit. Sie perforierte, extrahierte, inhalierte, erhitzte, trocknete und zentrifugierte die Pferdescheiße und schließlich fand sie heraus, dass eine Ratte von dem Pferdefutter gefressen hatte und noch neben der Futterkiste gestorben war. Das ist Wissenschaft!

Die Pferde waren also absichtlich vergiftet worden, offenbar mit einem Pilz. Wir besuchten die Burg erneut und Brindol ließ sich in der Scheune einschließen, was wenigstens keinen Schaden anrichtete, da dort kein Bier gelagert wurde.
Schließlich beschlossen wir, den alten Mann mit den stechenden Augen zu suchen und dafür auch mal nach dem Weg zu fragen. Dank der Pferdeärztin, die das Vertrauen des Burgvogts gewonnen hatte, nachdem die Pferde nun auf dem Weg der Besserung waren, konnten wir weitestgehend ungehindert durch die Burg spazieren und uns mit Bediensteten unterhalten. Schon bald wurde klar, dass ein unheimlicher alter Mann in einem der Türme des inneren Burgfrieds wohnte. Wir verhielten uns total unauffällig (der Zwerg, der Halbling, der grünhaarige Elf, die Pferdeärztin, die Magierin und ich) und drangen Stockwerk für Stockwerk in das Gemäuer vor.
Letztlich schafften wir es, in den Turm des unheimlichen Herrn Niedhart zu gelangen. Dort fanden wir in einem Schrank tatsächlich das Artefakt. Außerdem fanden wir alles mögliche andere: Decken, Wände, Fußböden, keine magischen Waffen, überhaupt kein Gold, nicht einmal irgendwelchen Schnickschnack oder Klunker von Wert. Nur Gustan hatte Glück und steckte eine Art Pistolenkeule ein. Aber was soll man auch von jemandem halten, der den ganzen Keller voller Altare und komischer Zeichen und Kreise hat, also offenbar mit Dämonen herum spielt?
Als wir wieder gehen wollten, lief das nicht so gut. Plötzlich stand der ganze Verbindungsgang zwischen Turm und Burg voller bewaffneter Wachen - mindestens drei Mal so viele wie wir. Zwei gegen jeden von uns hätten wir hingekriegt, aber drei...?  Auch dieser Niedhart tauchte auf und es sah ganz so aus, als wolle er uns verzaubern oder verfluchen oder so.
Den Göttern sei Dank erinnerte sich Zobeida sofort an das Zauberkästchen, welches uns Merycad der Zauberer für diese gefährliche Mission mitgegeben hatte. Sie zog es aus dem Rucksack und schleuderte es auf den Boden und wir gerieten in einen Strudel aus Raum und Zeit und fanden uns verwirrt und schwindelig in einer staubigen Hütte wieder.

Ein vorsichtiger Blick nach draußen offenbarte eine endlose Wüste.
Mit einem zauseligen Zauberer darin. Der irgend etwas murmelte über "Dimensionsirrtum" und "Kalibrierungsungenauigkeit"- und damit fiel ich in einen tiefen Schlaf und konnte mich an nichts mehr erinnern.